Nach dem Poetry-Slam stellten sich Adele und Roy Igersheim – hier zusammen mit den beiden Lehrkräften des Wirtschaftsgymnasiums Klaus Huth (links) und Annette Breitenbach – den Fragen unserer Zeitung.
Die Möglichkeit zu einem kurzem Interview mit Roy und Adele Igersheim ergab sich nach dem Poetry-Slam im Igersheimer Bürgerhaus.
Die Besucher aus den USA zeigten sich erfreut über die vielen offenen und interessierten Jugendlichen und Erwachsenen, die sie im Rahmen ihres Besuchs getroffen haben Das Gespräch für unsere Zeitung führte Hans-Peter Kuhnhäuser.
Sie sind wieder einmal zu Gast in Igersheim und im Taubertal. Ich erinnere mich noch an ihren ersten Besuch, als Roy „ich bin ein Igersheimer!“ sagte. Da ist etwas gewachsen.
Roy Igersheim: Ja, die Menschen hier sind interessiert, offen und tolerant, und das ist – aus der Geschichte betrachtet – ja eine sehr positive Entwicklung. Dass die Kaufmännische Schule, das Deutschordens-Museum und das Jüdische Museum Creglingen jetzt bei der Bildungspartnerschaft mitmachen, das ist ebenfalls eine tolle Sache.
Es sind nun ja die zweiten Jüdischen Kulturtage. Wie ist Ihr Eindruck vom Programm und den Begegnungen, vor allem mit jungen Menschen?
Roy Igersheim: Mit meiner Frau Adele habe ich ja mehrere Schulen besucht, die Gespräche mit den jungen Leuten haben uns beeindruckt. Die Jugendlichen haben interessante Fragen gestellt, es war ein sehr offener Austausch und wir hatten gute Gespräche. So muss es auch sein, denn nur so kann die Vergangenheit aufgearbeitet werden. Der direkte Kontakt ist sehr hilfreich.
Wie viel haben Sie denn von den Texten verstanden, die die Poetry-Slammer vorgetragen haben?
Roy Igersheim: Meine Eltern sind ja wegen der Nazis aus Deutschland in die USA emigriert, und ich verstehe Deutsch viel besser als ich sprechen kann. Also ich habe rund 80 Prozent verstanden, und ich fand das, was die Jugendlichen vorgetragen haben, sehr interessant.
Adele Igersheim: Ich habe leider gar nichts verstanden, ich kann kein Deutsch. Aber Roy hat mir Hinweise gegeben, so habe ich auch mitbekommen, um was es ging. Was hier erzählt wurde, hat mir imponiert, auch deswegen haben wir ja Präsente an einige Teilnehmer überreicht.
In den USA ist Donald Trump Präsident, und auch in Europa und Deutschland finden die Populisten eine breite Anhängerschaft. Was kann man gegen diese Entwicklung tun?
Roy Igersheim: Deutschland möchte ich hier keine Ratschläge geben. Die Deutschen müssen selbst wissen, was sie tun sollten. Aber in den USA gilt die „freedom of speech“, es kann also jeder sagen, was er will. Das ist zweifellos gut, aber macht bisweilen auch Probleme. Wer die Gesellschaft spaltet, bringt sie nicht voran. Und es gibt viel „Hate-Speech“, Hassreden. Rassisten marschieren in unseren Straßen. Allerdings: Der Widerstand wächst, und das ist gut.
Adele Igersheim: Man muss aufklären - im Gespräch, aber auch über das Internet und in Zeitungen oder Magazinen. Nur so kann man diese Entwicklung aufhalten und zurückdrängen. Engagierte Demokraten müssen ihren Unmut äußern über das, was sie nicht wollen. Und die Menschen müssen zur Wahl gehen, damit die wirkliche Mehrheit deutlich wird! Ich freue mich, dass bei uns in den USA vor allem junge Menschen ihre Standpunkte deutlich machen. Sie werden „politischer“ und wollen etwas bewegen.
Haben Sie Hoffnung, dass dem Populismus Einhalt geboten werden kann?
Roy Igersheim: Absolut! Wir finden es gut, dass es in Berlin eine große Demonstration gab, nachdem ein Israeli angegriffen wurde, nur weil er eine Kippa trug. Und auch in den USA wächst der Widerstand, gerade junge Menschen machen nach dem jüngsten Schulmassaker deutlich, dass sie eine andere Gesellschaft wollen. Und was Igersheim und diese Region angeht: Wir sehen die Bildungspartnerschaft als eine sehr positive Sache. Die Erfahrung aus unseren Begegnungen mit den Menschen und den Vertretern der beteiligten Institutionen ist positiv. Dass sich nun auch die Jüdischen Kulturtage etabliert haben, ist ebenso wichtig, denn beides wirkt zusammen. Wir haben die Hoffnung, dass es eine bessere Zukunft für uns alle gibt und dass unsere Gesellschaften sich weiterhin öffnen und Neuem aufgeschlossen sind.
Hass und Spaltung, dieses tumbe ,wir gegen die’ - das bringt uns doch nicht weiter!
© Fränkische Nachrichten, Samstag, 12.05.2018